Fahrerlaubnis - MPU
Dieses Rechtsgebiet umfasst insbesondere folgende Themengebiete:
Fahrerlaubnisentziehung und anschließende Wiedererteilung - negatives MPU-Gutachten; fehlerhafte Ablehnung durch die Führerscheinstelle.
Rechtsprechungsänderung des BayVGH, Urteil vom 17.11.2015, aktualisiert durch neue Entscheidungen des BVerwG vom 06.04.2017.
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● Fahrerlaubnisentziehung nach Trunkenheitsfahrt mit BAK unter 1,6 Promille:
Medizinisch-psychologische Untersuchung im Wiedererteilungsverfahren nach strafgerichtlicher Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Trunkenheitsfahrt / Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) mit weniger als 1,6 Promille?
Vorschriften: § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, b, c und d FeV, § 69 StGB, § 316 StGB
Notwendigkeit der Anordnung einer MPU!
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 17.11.2015, Az. 11 BV 14.2738, eine Änderung der Rechtsprechung eingeleitet bzw. einleiten wollen.
Leitsatz:
Nach strafgerichtlicher Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB), die auf einer Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss beruht, ist im Wiedererteilungsverfahren unabhängig von der bei der Verkehrsteilnahme vorgelegenen Blutalkoholkonzentration die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen (Änderung der Rechtsprechung).
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat gegen sein Urteil die Revision zugelassen. Eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) blieb abzuwarten.
Aktualisierung zum 06.04.2017: Das BVerwG hat eine Pressemitteilung herausgegeben:
Pressemitteilung
Nr. 23/2017
BVerwG 3 C
24.15; BVerwG 3 C 13.16
06.04.2017
Neuerteilung der Fahrerlaubnis nach Trunkenheit
im Verkehr
`Ist nach einer einmaligen Trunkenheitsfahrt
mit einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von
weniger als 1,6 Promille im Strafverfahren die
Fahrerlaubnis entzogen worden, darf die
Verwaltungsbehörde ihre Neuerteilung nicht
allein wegen dieser Trunkenheitsfahrt von der
Beibringung eines medizinisch-psychologischen
Fahreignungsgutachtens abhängig machen. Anders
liegt es, wenn zusätzliche Tatsachen die
Annahme von künftigem Alkoholmissbrauch
begründen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht
in Leipzig heute entschieden.
Im Verfahren BVerwG 3 C 24.15 hatte das
Strafgericht die Klägerin wegen fahrlässiger
Trunkenheit im Verkehr (BAK 1,28 Promille) nach
§ 316 StGB verurteilt und ihr nach § 69 StGB
die Fahrerlaubnis entzogen, da sich aus der Tat
ergebe, dass sie zum Führen von Kraftfahrzeugen
ungeeignet sei. Als sie die Neuerteilung
beantragte,
erhielt sie von der
Fahrerlaubnisbehörde gestützt auf § 13
Satz 1 Nr. 2 Buchst. d i.V.m. Buchst. a der
Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) die Aufforderung,
ein medizinisch-psychologisches
Fahreignungsgutachten vorzulegen. Im Verfahren
BVerwG 3 C 13.16 hatte das Strafgericht dem
Kläger die Fahrerlaubnis bei im übrigen
gleichem Sachverhalt wegen einer
Trunkenheitsfahrt mit einer BAK von 1,13
Promille entzogen. In beiden Fällen ist die
Klage auf Erteilung der Fahrerlaubnis ohne
vorherige medizinisch-psychologische
Untersuchung in den Vorinstanzen ohne Erfolg
geblieben.
Das Bundesverwaltungsgericht hat
die vorinstanzlichen Urteile geändert und die
Beklagten jeweils verpflichtet, den Klägern die
beantragten Fahrerlaubnisse auch ohne die
Vorlage eines positiven
medizinisch-psychologischen Gutachtens zur Frage
von Alkoholmissbrauch neu zu erteilen. Der
Auffassung, dass die Fahrerlaubnis nach
strafgerichtlicher Entziehung wegen einer
Trunkenheitsfahrt nur nach Beibringung eines
medizinischpsychologischen Gutachtens neu
erteilt werden dürfe, ist es nicht gefolgt.
Nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV
rechtfertigt eine einmalige Trunkenheitsfahrt
ohne das Hinzutreten weiterer aussagekräftiger
Tatsachen erst ab einer BAK von 1,6 Promille die
Anforderung eines medizinisch-psychologischen
Gutachtens. Die strafgerichtliche Entziehung
einer Fahrerlaubnis wegen einer
Trunkenheitsfahrt ist - wie die Bezugnahme in §
13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d FeV auf die unter den
Buchstaben a bis c genannten Gründe zeigt -
kein eigenständiger, von der 1,6
Promille-Grenze unabhängiger Sachgrund für die
Anforderung eines Gutachtens. Im Strafverfahren
ist der Täter bei einer Trunkenheit im Verkehr
(§ 316 StGB) `in der Regel`, also ohne
das Hinzutreten weiterer belastender Tatsachen,
als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen
anzusehen (§ 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB).
BVerwG 3 C 24.15 - Urteil vom 06. April 2017
Vorinstanzen:
VGH München 11 BV 14.2738 -
Urteil vom 17. November 2015
VG Regensburg RO
8 K 14.1468 - Urteil vom 04. November 2014
BVerwG 3 C 13.16 - Urteil vom 06. April 2017
Vorinstanzen:
VGH München 11 BV 15.1589 -
Urteil vom 08. März 2016
VG München M 6a K
15.1122 - Urteil vom 26. Juni 2015
§ 13 FeV (Klärung von
Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik)
Zur
Vorbereitung von Entscheidungen über die
Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis
oder über die
Anordnung von Beschränkungen
oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde
an, dass
1. ein ärztliches Gutachten (§ 11 Absatz 2
Satz 3) beizubringen ist, wenn Tatsachen die
Annahme von
Alkoholabhängigkeit begründen,
oder
2. ein medizinisch-psychologisches
Gutachten beizubringen ist, wenn
a) nach dem
ärztlichen Gutachten zwar keine
Alkoholabhängigkeit, jedoch Anzeichen für
Alkoholmissbrauch
vorliegen oder sonst
Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch
begründen,
b) wiederholt Zuwiderhandlungen
im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss
begangen wurden,
c) ein Fahrzeug im
Straßenverkehr bei einer
Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder
mehr oder einer
Atemalkoholkonzentration von
0,8 mg/l oder mehr geführt wurde,
d) die
Fahrerlaubnis aus einem der unter den Buchstaben
a bis c genannten Gründe entzogen war oder
e) sonst zu klären ist, ob Alkoholmissbrauch
oder Alkoholabhängigkeit nicht mehr besteht.
Im Falle des Satzes 1 Nummer 2 Buchstabe b sind
Zuwiderhandlungen, die ausschließlich gegen §
24c des
Straßenverkehrsgesetzes begangen
worden sind, nicht zu berücksichtigen.`
(Quelle: www.bverwg.de)
Anmerkung:
Um die Fahrerlaubnis wieder zu erhalten, sind oftmals zahlreiche Problemstellungen zu beachten. Um sämtliche Hürden einschätzen und ggfls. auch bewältigen zu können, ist in der Regel eine umfassende Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Einzelfall erforderlich.
Die Kanzlei steht hinsichtlich der rechtlichen Einordnung der Probleme und Voraussetzungen gerne zur Verfügung.