Gegenseitige Rücksichtnahme im Straßenverkehr geboten!

 

Aggressivität im Straßenverkehr

Ziel nicht mit Strafverschärfungen zu erreichen

Laut Studien und Berichten soll die Aggressivität im Straßenverkehr in den letzten Jahren zugenommen haben. Daher beschäftigt sich der 51. Deutsche Verkehrsgerichtstag mit diesem Thema. Nach Ansicht der Verkehrsrechtsanwälte des Deutschen Anwaltvereins (DAV) ist dem nicht mit schärferen Sanktionen beizukommen; das bisherige Instrumentarium an Sanktionen reicht aus. Um das Ziel eines "entspannten Miteinanders aller Verkehrsteilnehmer" zu erreichen, sei es notwendig, bereits in der Fahrausbildung in den Fahrschulen anzusetzen. Auch seien die Verkehrsteilnehmer verstärkt darüber zu informieren, dass generell aggressives Verhalten sowie Straftaten bereits nach den jetzigen Sanktionen den Führerschein akut gefährden und eine medizinisch-psychologische Untersuchung angeordnet werden kann.

"Bereits jetzt gibt es das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme", betont Rechtsanwalt Andy Ziegenhardt, von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des DAV. Daher würden die bestehenden Regelungen und Sanktionen ausreichen, um Aggressionen im Straßenverkehr zu verhindern oder zumindest zu vermindern. Neben den Sanktionen aus dem Strafrecht, wie beispielsweise wegen Nötigung oder Gefährdung des Straßenverkehrs mit Geld- oder Freiheitsstrafen, gäbe es auch Sanktionen aus dem Ordnungswidrigkeitenrecht mit empfindlichen Bußgeldern, bei Nichteinhaltung eines Mindestabstandes oder Gefährdung beim Ueberholen ebenso in Betracht wie ein Fahrverbot.

Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des DAV weist aber auch darauf hin, dass bereits nach dem Straßenverkehrsgesetz nur derjenige zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist, der die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen hat. Nach einer Begutachtungsrichtlinie (3.14) zur Kraftfahreignung der Bundesanstalt für Straßenwesen ist demnach derjenige ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wenn eine begangene Straftat auf ein hohes Aggressionspotenzial schließen lässt, sei es auf einer Neigung zu planvoller, bedenkenloser Durchsetzung eigener Anliegen ohne Rücksicht auf berechtigte Interessen anderer oder einer Bereitschaft zu ausgeprägt impulsivem Verhalten. Die Verhaltensmuster müssten dabei so deutlich werden und sich negativ auf das Führen von Kraftfahrzeugen auswirken, dass die Verkehrssicherheit gefährdet wird. Daher riskiert derjenige, der Verkehrsstraftaten oder allgemeine Straftaten begeht, seinen Führerschein, da er zur medizinisch-psychologischen Untersuchung muss. "Die Aufklärung über die Gefahr des Führerscheinverlustes hätte sicherlich abschreckende Wirkung auf aggressive Verkehrsteilnehmer", so Ziegenhardt weiter.

Hintergrund:

Die Aggressivität auf unseren Straßen nimmt immer weiter zu. Studien - so eine aktuelle Studie des ADAC aus dem Sommer 2012 - stellen eine allgemeine Rücksichtslosigkeit und Zunahme an Aggressivität, Hektik und Geltungsdrang im Straßenverkehr fest.

Rasen, Drängeln und Pöbeln begegnet über der Hälfte der Autofahrer auf der Autobahn, gefolgt vom Stadtverkehr (23 Prozent) und der Landstraße (16 Prozent). Dabei werden Fahrer von PS-starken Fahrzeugen als besonders bedrohlich wahrgenommen. Vor allem durch dichtes Auffahren und Drängeln fallen den Befragten BMW (50,6 Prozent), Mercedes (32,2 Prozent), Audi (25,9 Prozent) und Porsche (8,7 Prozent) auf.

Drängler sind das größte Aergernis im Straßenverkehr. 80 Prozent der Deutschen fühlten sich bereits durch Drängler provoziert. Das wundert nicht, denn 30 Prozent der Befragten ärgern sich nach eigenen Angaben über Schleicher auf den Straßen. Viele Verkehrsteilnehmer schließen auch von der Autofarbe auf das Fahrverhalten. Bei einem schwarzen Auto haben 43,5 Prozent der Befragten das ungute Gefühl, dass hinterm Steuer ein aggressiver Fahrer sitzt. 9,7 Prozent haben diese Einschätzung immerhin noch bei silbernen Fahrzeugen.

Dies zeigt, dass es ein gesellschaftliches Problem gibt, dem begegnet werden muss. Allerdings müsse, für die Verkehrsrechtsexperten des DAV, neben der Feststellung der Veränderung des subjektiven Empfindens auch untersucht werden inwieweit tatsächliche Steigerungen eines solchen Verhaltens vorliegen.

Die Ursachen für diese Entwicklung können vielfältig sein: ein allgemein höheres Stresslevel in der Arbeit und im Privatleben, Hektik und Zeitdruck, ein sich veränderndes Mobilitätsverhalten vor allem in städtischen Gebieten, das Aufbrechen alter gewohnter Strukturen durch Raumforderungen anderer Verkehrsteilnehmer (Stichwort Radfahrer) und vieles mehr.

 

(Quelle: Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins e.V.)

 

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